Paradise Garden von Elena Fischer erzählt die Geschichte einer tapferen, suchenden, neugierigen und trauernden 14jährigen. Das hört sich nun vielleicht erst einmal nach einem Roadmovie für junge Frauen an. Ist es aber nicht, sondern im Gegenteil. Es ist viel mehr.
Ich sehe dieses Buch als Mehrgenerationen-Lektüre, als ein bewegendes, tragisches, aber auch komisches Familiendrama.
Unsere junge Protagonistin, ihre Mutter und Großmutter, sowie der wohl nicht existierende Vater spielen jeweils ihre große Rolle im Familienkonstrukt und somit hat Elena Fischer ihren Debütroman geschrieben, wo sich jeder wiederfindet. Im Fokus die großen Fragen: was ist eine Familie, wo findet man seine Familie und was macht eine Familie aus?
Nun zur Geschichte selber:
Die 14jährige Billie lebt mit ihrer ungarischen Mutter Marika im 17. Stock einer deutschen Hochhaussiedlung. Die alleinerziehende Mutter geht putzen, arbeitet in einer Bar und tut alles, damit die Tochter ein schönes Leben hat, auch wenn die finanziellen Mittel mehr als bescheiden sind. Aber Ende des Monats schmeckte es trotzdem, wenn es nur noch Nudeln mit Ketchup gibt. Urlaub machen die beiden auf dem kleinen Beton-Balkon mit selbstgemixten Cocktails und dem Stöbern in Urlaubskatalogen. Billie bekommt von Marika neben Liebe, Phantasie und Spontanität deren großes Lebensmotto mit auf den Weg: Das Leben ist schön, wir machen es schön. Jetzt und hier: Zitat „Heute springen wir vom Zehn-Meter-Turm. Heute ist ein guter Tag dafür.“ Und dann wird gesprungen! Nur ein Thema ist tabu: Billies Vater.
Dann ändert sich alles, als die ungarische Großmutter unter fadenscheinigen Krankheits-Argumenten anreist. Billie muss ihr winziges Zimmer hergeben, mit ihrer Mutter die Luftmatratze teilen. Die Großmutter beherrscht die Szene mit einer unsensiblem, fast herrischen Art. Billie leidet, ihre Mutter erträgt es.
Eines Tages kommt es zu einem tragischen Streit zwischen der Mutter und Großmutter, bei dem Marika unglücklich stürzt und stirbt. Billie steht plötzlich vor dem Nichts. Zitat: „Am Tag als meine Mutter starb, fiel ich auseinander.“ Trauer, Schmerz und Haltlosigkeit. Durch den Schock fallen ihr die Haare aus. Es folgen Stationen im Jugendheim, dann zurück zur Großmutter. Immer die Frage, wer bin ich noch, wo gehöre ich hin?
Billie fängt an über ihre Mutter zu schreiben, um mit ihr in Verbindung zu bleiben und findet in deren Unterlagen Hinweise zur Vergangenheit und somit auch zu ihrem Vater.
Und fasst einen Entschluss. Sie schnappt sich ihre knallblaue Perücke, ein Abschiedsgeschenk ihrer Zimmernachbarin im Heim und setzt sich in den uralten Nissan ihrer Mutter, die ihr nachts manchmal Fahrstunden gegeben hatte. Die Reise führt Richtung Norden. Hier kam mir schon kurz der Gedanke, ob es jetzt nicht doch etwas jugendlich, abenteuerlich, phantastisch wird. Aber ich verspreche, es lohnt diese Reise zu begleiten. Und ich werde nicht preisgeben, was unsere junge Heldin, mit dem Lebenswillen und der bewundernswerten Beharrlichkeit ihrer Mutter, noch an schwierigen sowie, komischen Situationen meistern muss. Und all das ohne jegliche Bitterkeit im Gepäck. Ob Billie ankommt, ob sie den vermeintlichen Vater findet und somit wieder ein Stück Familie, verrate ich natürlich auch nicht.