Die Unbußfertigen

von Elina Penner, Aufbau Verlag

Haimlik, die „App der Stunde“ lädt zehn Personen in ein altes Herrenhaus ein. Drei weibliche Influencerinnen und sieben Männer im Kommentarbereich. Alle sind der digitalen Welt verfallen. Natascha vermarktet ihren prächtigen Hintern, Amy das „glückliche“ Familienleben und Jutta wertet ihr langweiliges Leben mit esoterischen, halbseidenen Weisheiten auf. Alle drei glänzen im obersten Follower-Ranking. Die Männer tummeln sich im Bereich Hasskommentare und treiben damit insbesonders weibliche Followerinnen in den seelischen Abgrund. Für alle Geladenen geht es um die eigene Aufmerksamkeit, Aufwertung und natürlich Geld. Alles digital. Kein Anfassen, keine körperliche Gewalt, keine Wahrnehmung, was sie eigentlich anrichten. Ein absolut rechtsfreier Raum. Warum soll Amy ihre Kinder nicht filmen und präsentieren, keiner muss Juttas Rat folgen, eine innere Reise statt Chemotherapie zu machen (natürlich durch sie begleitet und gegen Gebühr !). Wenn stört es, wenn Justin mit Frauen digital flirtet, sich aushalten lässt und dann fallen lässt. Nein, sie alle haben doch nichts getan! Alle unschuldig! Und nun sitzen sie in diesem Haus, ohne Netz, ohne Kontakt nach aussen. Freiwillig eingefangen, in der Annahme, als Haimlik-VIPs eingeladen worden zu sein. Aber sind sie wirklich alleine in diesem Käfig, gespickt mit Kameras? Wer schaut zu, wer stellt sie vor allen bloß? Welche KI-Stimme konfrontiert sie mit den fatalen Folgen ihres Tuns? Zitat „Ihr habt furchtbare Dinge getan, für die man euch nicht schuldig sprechen kann. Es ist an der Zeit zu büßen.“ Und dann verschwindet einer nach dem anderen! Nur wohin? In welchem surrealen Raum befinden sie sich eigentlich? Unglaublich die Spannung, die sich auflädt, aber auch das Erkennen für uns, dass es doch genau so ist! Das Internet als rechtsfreier Raum, wo Menschen unreflektiert agieren, wüten, sich bereichern. Erschreckend aufklärend, erschreckend abgründig. Aber absolut lesenswert!