Die erste halbe Stunde im Paradies

von Janine Adomeit, Arche Verlag

Anne ist eine junge, karriereorientierte Pharmareferentin. Zielstrebig geht sie ihren Weg und befindet sich kurz vor ihrer Marketing-Präsentation, um schmerzlindernde Opiate wie Fentanylpflaster noch gewinnbringender in den Markt zu bringen. Auch, wenn bekannt ist, dass diese Produkte abhängig, also süchtig machen. Für Anne kein Thema, sie ist selber Meister im Verdrängen von Gefühlen und Schmerz. Das passt schon, Hauptsache Erfolg! Mitten in dieser Pharmatagung meldet sich ihr Bruder Kai, mit dem sie viele Jahre keinen Kontakt hatte. Er ist genau das Gegenteil von Anne. Kai wurde gerade wieder aus einer Suchtklinik entlassen und weiß nicht wohin. Anne wird plötzlich mit der Vergangenheit konfrontiert, ist komplett überfordert. Sie und Kai mussten sich als Kinder lange um die an MS erkrankte Mutter kümmern. Diese wollte aus Angst, dass man ihr die Kinder wegnimmt, keine externe Hilfe annehmen. Niemand merkt in welchem Dilemma die beiden Kinder stecken. Nach aussen scheint alles gut. Zuhause heißt es, die inzwischen schwerkranke Mutter zu pflegen, baden, füttern. Katastrophal! Aber Anne und Kai halten die Fassade aufrecht. Und daran zerbricht nach dem Tod der Mutter diese innige Geschwisterliebe. Und jetzt? Jetzt steht Annes Leben nach Jahrzehnten Kopf. Ausgerechnet ihr Bruder war Fentanyl abhängig, ist daran fast zugrunde gegangen. Dieses Buch ruft zwei Themen auf: was dürfen Eltern Kindern zumuten. Was ist noch Liebe (wer möchte schon seine Kindern weggenommen bekommen?), wo fängt Egoismus an? Und auf der anderen Seite thematisier er die Chance im Erwachsenenalter, hier der beiden Geschwister, vor allem Anne, wirklich alles neu zu betrachten. Auch ihren Beruf! Schafft sie es, sich dieser Situation zu stellen und damit auch ihrem lange verdrängten Gefühlen? Das verrate ich natürlich nicht! Ein Buch mit schmerzlichen Themen und aber auch vielen heiteren Momenten, versprochen! Lesen!